Am Ende bleibt Gang zum Gericht
Von Andreas Klamm
Speyer. – In Speyer geraten immer mehr mittelständische Firmen und Privathaushalte in den Sog von riesigen Schuldenbergen. Am Ende bleibt nur noch die Offenbarung vor Gericht. Dort müssen dann die Betroffenen darlegen, dass sie nicht mit Absicht oder vorsätzlich gehandelt haben.
Gestern wurden im Amtsgericht Speyer mehrere solche Betrugs-Fälle verhandelt. In einem Fall wurde einem selbständigen Fenster-Monteur vorgeworfen, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil durch die Vorspiegelung der Zahlungswilligkeit, so das Amtsdeutsch, verschafft zu haben. Er montierte, zusammen mit einem Subunternehmer und Feinmechaniker, Fenster bei Großfirmen. Die Beiden arbeiteten knapp ein Jahr zusammen. Es ging um ein Auftragsvolumen von 80 000 Mark. Davon bezahlte der Kleinunternehmer an seinen Ex-Partner die Hälfte. Jetzt stritten die Kontrahenten über Zahlungen aus Restforderungen in Höhe von 8 475 Mark.
Der Angeklagte bestritt die Verbindlichkeiten nicht. Er schickte die Rechnungen zurück und wartete auf eine detaillierte Abrechnung zur Prüfung einzelner Positionen und erbrachter Leistungen, erklärte er. Der Subunternehmer bestätigte in seiner Aussage diese Darstellung teilweise, allerdings sei ihm vom Gegner ein Kleinkrieg angedroht worden, wenn er nicht Ruhe gebe.
Der Angeklagte leistete bereits umfangreiche Zahlungen und zahlt derzeit Raten an ein Inkasso-Büro , da auch der Kläger, beim gleichen Büro Schulden abzahlen muss. Anwalt Paul Dyckmanns erkannte keinen Nachweis eines vorsätzlichen Betruges und forderte, den Angeklagten freizusprechen. Richter Hans Werner Boltz schloss sich dem Antrag an. Die Kosten des Verfahrens zahlt die Landeskasse.
Ein 36-jähriger Arbeitsloser aus Speyer war geladen, weil er seit zwei Jahren die Rechnung seines Zahnarztes für die Überkronung von Zähnen nicht bezahlt hatte. Er müsse seinen Lebensunterhalt mit 1200 Mark bestreiten und könne nicht zahlen, meinte der Angeklagte. Später versicherte er, die Rechnung bis Ende Januar zu begleichen, da komme eine Rückzahlung aus dem Lohnsteuerjahresausgleich. Der Richter stellte das Verfahren ein – zahlt er bis 20. Februar nicht, muss er wieder vor Gericht und kommt wohl weniger glimpflich davon.
Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 15. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007