„Geld her oder du stirbst!“

„Geld her oder du stirbst!“

Von Andreas Klamm

Speyer. – Räuberischen Angriff auf eine Autofahrerin und Amtsanmaßung warf Staatsanwalt Dr. Kai Hempelmann gestern vorm Amtsgericht einer nach eigenen Angaben trockenen alkoholkranken Speyererin vor. Das Opfer, eine 19-Jährige, die ebenfalls aus Speyer stammt, leidet immer noch unter dem Erlebnis vom Sommer, bei dem sie um ihr Leben fürchtete.

Die 19-Jährige war auf dem Nachhauseweg von einer Freundin in der Winternheimer Straße, als sie eine Frau gestikulierend im Kreisverkehr bemerkte. Sie dachte, die Frau brauche Hilfe und hielt an. Die Unbekannte drängte sich auf den Beifahrer-Sitz und gab die Weisung, ein Moped zu verfolgen. Sie sei von der Kripo und drohte bei mangelnder Mithilfe mit ,,schlimmen polizeilichen Konsequenzen“.

Das Opfer verlangte den Dienstausweis. Die Angeklagte zeigte stattdessen nur ihre „bürgerlichen“ Papiere. Die Fahrerin wendete darauf ihr Auto und fuhr in Richtung eines in der Nähe wohnenden Freundes, da die Angeklagte nicht aus dem Auto aussteigen wollte. Plötzlich habe die Passagierin sie angestarrt und bitterernst gesagt: ,,Geld her oder willst du sterben!“.

Die so Bedrohte hatte kein Geld dabei -und furchtbare Angst um ihr Leben. Sie wollte aus dem Auto springen, traute sich aber nicht. Ein junger Mann kam ihr schließlich zu Hilfe. Die Angeklagte verlies daraufhin das Auto. Wenig später nahm die Polizei sie fest. Sie sagte aus, sie könne sich an nichts mehr erinnern und sei sturzbetrunken. Wegen des ,,Blackouts“ musste sie zum Psychiater. Keiner der Zeugen hatte etwas von Alkohol gemerkt, doch der Gutachter attestierte ihr Schuldunfähigkeit zur Tatzeit. Sie zeigte Einsicht und entschuldigte sich in der Verhandlung und in der Pause bei ihrem Opfer. Seit acht Wochen sei sie trocken.

Richter Günter Rampf folgte dem Antrag des Staatsanwalts und verurteilt die mehrfach wegen Diebstahls, räuberischer Erpressung und Körperverletzung Vorbestrafte unter Berücksichtigung der Schuldunfähigkeit zu einem Jahr Freiheitsentzug zur dreijährigen Bewährung wegen erneuter räuberischer Erpressung unter Alkoholeinfluss und zu 50 Arbeitsstunden. Die Mutter war bereits zuvor vier Jahre inhaftiert.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 21. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

Griff in Tankstellenkasse?

Griff in Tankstellenkasse?

Von Andreas Klamm

Speyer. – Die Kassiererin einer Tankstelle in Schifferstadt soll ihre Vertrauensstellung missbraucht und sich durch Storno-Buchungen beim Verkauf von Zigaretten, Benzin und Backwaren bereichert haben. Staatsanwältin Jutta Dyckmanns warf der Angeklagten 56 Taten vor. Sie soll Beträge von 5,20 bis 210 Mark, insgesamt zirka 7300 Mark, in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.
Die Angeklagte bestritt alle Vorwürfe. Später gestand sie doch eine der möglicherweise 56 Taten – ihr ehemaliger Chef hatte vor ihrer Entlassung eine Video-Überwachung installiert. Die Pächter filmten, wie die Frau nach dem Verkauf einer Stange Zigaretten 50 Mark in die Hosentasche steckte. Das sei nur ein Versehen, sagte die Mutter zweier Kinder aus.

Ihr Anwalt legte das Mandat nieder, weil sie nicht zahlen konnte. Sie habe 8 000 Mark Schulden, fühlte sich von ihren Kollegen „ausgebootet“ und glaube, man wolle ihr etwas ,,anhängen“. Sie sei nicht alleine während den Schichten an der Kasse gewesen, auch Kollegen hätten Zutritt zum Kassenbereich und Büro gehabt.

Wer über wieviele Hauptstorno-Schlüssel verfügte, wusste auch die Ehefrau des Pächters nicht genau. Einen hatte sie, einen die Angeklagte und möglicherweise einen weiteren ein anderer Mitarbeiter. Die Kassen- und Warenfehlbestände fielen erst bei einer Blitzinventur, nach dem Hinweis eines Bezirksstellen-Vertreters, auf.

Kassenbeträge seien nicht nur ausgebucht und entnommen worden, die Beklagte habe auch die Computer-Listen manipuliert, so dass die Warenbestandlisten nicht mit dem tatsächlich vorhandenen Bestand übereinstimmten. Deswegen bemerkten die Pächter erst nach Monaten das Fehlen von Waren. Der Richter vertagte die Verhandlung. Zwei Ex-Kollegen der Angeklagten müssen am Jahresanfang als Zeugen vor Gericht.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 20. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

Musik, die von ganzem Herzen kommt

Musik, die von ganzem Herzen kommt

Von Andreas Klamm

Mechtersheim. – Der Klangbogen-Chor und der Musikverein Mechtersheim sangen und spielten in der evangelischen Kirche beim traditionellen Benefiz-Konzert zu Gunsten des Fördervereins der Sonderschule im Erlich in Speyer.

„Die benachteiligten Schüler stammen meist aus kaputten Ehen oder sozialschwachen Familien“, klärte Schulleiter Wolfgang Pres die Konzertgäste auf. Leider würden die Jungen und Mädchen oft viel zu spät in die Sonderschule überwiesen. Dennoch könne die Schule, die Kinder aus Speyer und dem Landkreis Ludwigshafen besuchen, vieles bewegen. In der Facheinrichtung könnten Schüler mit Lernbehinderungen oder -störungen, dazu zähle auch die mangelnde Bereitschaft zum Lernen, gezielt gefördert werden und einen Schulabschluss erwerben.

Die Schule biete zudem ein zehntes freiwilliges Schuljahr an, das zum regulären Hauptschulabschluss führe. Bei den potentiellen Arbeitgebern käme das sehr gut an. „Wer freiwillig ein Jahr länger zur Schule geht, zeigt, dass er mehr will“, meinte der Rektor. Leider seien inzwischen auch die Etats für Sonderschulen stark limitiert.

Deshalb springe der Förderverein etwa unterstützend beim Anschaffen von Unterrichtsbüchern, dem Umstellen von Unterrichtsfilmen auf Videos und dem Kauf eines Video- Beamers ein. Die Förderer ermöglichten aber auch Schülern aus sozialschwachen Familien die Teilnahme an Ski-Freizeiten oder Wanderungen. Die Konzert-Spenden helfen somit denen, die benachteiligt sind, am normalen Leben teilzuhaben.

Stimmungsvolle Klänge

Abwechselnd servierten der Musikverein und der Klangbogen einen klassischen und weihnachtlichen Hörgenuss. Schöner kann Musik zu Weihnachten nicht klingen, als die stimmungsvollen Posaunen und Flöten, die ,,Oh Tannenbaum“, ,,Jingle Bells“ und ,,Stille Nacht, heilige Nacht“erklingen ließen. Der Klangbogen unter der Leitung von Wolfram Plank präsentierte deutsch- und englischsprachige Gospels, wie „I’m gonna sing“ und ,,Wir preisen den Herrn“.

Nach stehenden Ovationen bot der Lahnor Adjei den Musikverein, dirigiert von Lahnor Adjei, eine niveauvolle, instrumentale Version von ,,We are the world“ dar.

Heinz Münch, Vorsitzender des Musikvereins, lud nach dem Konzert zu einem kleinen Imbiss ein und überreichte im Musikheim dem Rektor der Schule für Lernbehinderte eine stattliche Spende in Höhe von 1 500 Mark.

BILD-Unterschrift # 1: Wertvolle Hilfe: 1 500 Mark ersangen und erspielten Klangbogen und Musikverein Mechtersheim, die in den Topf des Fördervereins der Sonderschule im Erlich wandern. Foto: Bug

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 20. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

Am Ende bleibt Gang zum Gericht

Am Ende bleibt Gang zum Gericht

Von Andreas Klamm

Speyer. – In Speyer geraten immer mehr mittelständische Firmen und Privathaushalte in den Sog von riesigen Schuldenbergen. Am Ende bleibt nur noch die Offenbarung vor Gericht. Dort müssen dann die Betroffenen darlegen, dass sie nicht mit Absicht oder vorsätzlich gehandelt haben.

Gestern wurden im Amtsgericht Speyer mehrere solche Betrugs-Fälle verhandelt. In einem Fall wurde einem selbständigen Fenster-Monteur vorgeworfen, sich „einen rechtswidrigen Vermögensvorteil durch die Vorspiegelung der Zahlungswilligkeit“, so das Amtsdeutsch, verschafft zu haben. Er montierte, zusammen mit einem Subunternehmer und Feinmechaniker, Fenster bei Großfirmen. Die Beiden arbeiteten knapp ein Jahr zusammen. Es ging um ein Auftragsvolumen von 80 000 Mark. Davon bezahlte der Kleinunternehmer an seinen Ex-Partner die Hälfte. Jetzt stritten die Kontrahenten über Zahlungen aus Restforderungen in Höhe von 8 475 Mark.

Der Angeklagte bestritt die Verbindlichkeiten nicht. „Er schickte die Rechnungen zurück und wartete auf eine detaillierte Abrechnung zur Prüfung einzelner Positionen und erbrachter Leistungen“, erklärte er. Der Subunternehmer bestätigte in seiner Aussage diese Darstellung teilweise, allerdings sei ihm vom Gegner ein „Kleinkrieg“ angedroht worden, wenn er nicht Ruhe gebe.

Der Angeklagte leistete bereits umfangreiche Zahlungen und zahlt derzeit Raten an ein Inkasso-Büro , da auch der Kläger, beim gleichen Büro Schulden abzahlen muss. Anwalt Paul Dyckmanns erkannte keinen Nachweis eines vorsätzlichen Betruges und forderte, den Angeklagten freizusprechen. Richter Hans Werner Boltz schloss sich dem Antrag an. Die Kosten des Verfahrens zahlt die Landeskasse.

Ein 36-jähriger Arbeitsloser aus Speyer war geladen, weil er seit zwei Jahren die Rechnung seines Zahnarztes für die Überkronung von Zähnen nicht bezahlt hatte. Er müsse seinen Lebensunterhalt mit 1200 Mark bestreiten und könne nicht zahlen, meinte der Angeklagte. Später versicherte er, die Rechnung bis Ende Januar zu begleichen, da komme eine Rückzahlung aus dem Lohnsteuerjahresausgleich. Der Richter stellte das Verfahren ein – zahlt er bis 20. Februar nicht, muss er wieder vor Gericht und kommt wohl weniger glimpflich davon.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 15. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

Bald rutschen, planschen, saunen in Mutterstadt

Bald rutschen, planschen, saunen in Mutterstadt

Von Andreas Klamm

Mutterstadt. – Die Sanierungs- und Neubauarbeiten des Kreishallenbades Mutterstadt haben gestern begonnen. Landrat Dr. Ernst Bartholomé, Kreisbeigeordneter Michael Elster, der Mutterstadter Bügermeister Ewald Ledig und Heinrich Zier aus Limburgerhof setzten als „Bauherren“ gestern den ersten Spatenstich an der Stelle, an der in knapp zwei Jahren (vorgesehene Wiederöffnung Juli 2002) eine 74 Meter lange Wasserrutsche bei Jung und Alt für viel Begeisterung sorgen soll.

Abnutzungserscheinungen und Konstruktionsprobleme machen die Sanierung nach über 22 Jahren notwendig, für die viele Hürden überwunden werden mussten. „Aus Sportschwimmern werden Freizeitbadegäste und denen wird mit der kompetten Neugestaltung des Hallenbades Rechnung getragen“, erläuterte der Landrat.

Mit 17 Millionen Mark für Neubau und Sanierung zählt das Vorhaben zu den aufwendigsten Bauprojekten des Landkreises seit dem Bau des Kreishauses 1987 mit 22 Millionen Mark und dem Umbau der Kreissparkasse (20 Millionen). Die Bürgermeister der Gemeinden Mutterstadt und Limburgerhof, auf deren Gemarkung das neue Kreis-Bade-Center entsteht, mussten ihre Gemeinderäte überzeugen. Die Gemeinden unterstützen mit insgesamt 3,6 Millionen Mark und das Land mit 4 Millionen Mark die Modernisierung.

Der Landkreis trägt den Löwenanteil der Baukosten mit 9,4 Millionen Mark. Das alte Becken wird durch ein neues Edelstahlbecken ersetzt. Es entstehen mehrere neue Innen- und Außen-Sauna-Anlagen, Solarien und Bistro-Trakt mit modernisierten Kassenbereichen, ein kompletter Neubautrakt mit erweitertem Kinderbereich und Planschbecken sowie ein Areal mit Sprudel- und Massage-Liegen.

Eine weitere Besonderheit: Von innen nach außen wird ein Schwimmkanal führen und ein neues Erlebnisbecken mit vier neuen 25-Meter-Bahnen soll Badefreuden garantieren. Das Bad wird ganzjährig geöffnet sein. Mit den Investionen für die Zukunft hoffen die Gemeinden und der Landkreis auf noch mehr Besucher als bisher. Ein Blockheizkraftwerk und Solartechnik erfüllen ökologische Belange.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 14. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

Richter setzt schlagwütigen Speyerer auf Zwangs-Entzug

Richter setzt schlagwütigen Speyerer auf Zwangs-Entzug

Von Andreas Klamm

Speyer. – Wegen schwerer Körperverletzung wurde gestern ein 34-jähriger Mann aus Speyer vor dem Amtsgericht zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die zur fünfjährigen Bewährung ausgesetzt wurde. Der Angeklagte muss auf richterliche Anordnung zur Entziehungskur. Richter Hans Werner Boltz hat das höchste Maß einer Bewährung auferlegt. Der Mann ist bereits mehrfach vorbestraft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Staatsanwalt Bernd Vetter hatte wegen gefährlicher Körperverletzung ein Jahr Freiheitsentzug ohne Bewährung gefordert. Der Angeklagte ist polizeibekannt und hat ein langes Vorstrafen-Register, das fast komplett im Zusammenhang mit dem übermäßigen Konsum von Alkohol steht. Er ist bereits seit Jahren Alkohol-abhängig und als „Schläger“ nicht unbekannt. Bereits 1993 war der 34-Jährige wegen Körperverletzung verurteilt worden.

Der Täter war bei seiner neuerlichen Tat brutal vorgegangen. Mit einem schwarzen, länglichen Gegenstand hatte er einer ebenfalls aus Speyer stammenden 16-jährigen Schülerin ohne Anlass und Vorwarnung ins Gesicht geschlagen. Dabei platzte der jungen Frau die Lippe auf und ein Schneidezahn brach ab. Das Opfer musste ins Krankenhaus, da nicht klar war, ob die Platzwunde genäht werden muss.

Die Schülerin war mit drei weiteren Bekannten auf dem Fahrrad vor dem Bahnhof unterwegs gewesen, als der Mann sie plötzlich attackierte.

Der Angeklagte, der in Begleitung seiner Bewährungshelferin erschienen war, zeigte in der Verhandlung keine Reue und entschuldigte sich bei seinem Opfer nicht. Er stritt die Tat nicht ab, sondern erklärte, er habe nicht die Schülerin schlagen wollen, sondern einen anderen, jungen Mann, der ihn angeblich bedroht hätte. Außerdem habe er nicht mit einem Gegenstand, sondern „nur“ mit seiner Hand geschlagen. Es handele sich um einen „Unfall“.

Die Version, dass es sich bei dem Angriff nur um ein „Versehen“ handle, konnte er weder dem Richter noch dem Staatsanwalt glaubhaft vermitteln.

Polizeiliche Ermittlungen ergaben, dass es sich bei dem Schlagwerkzeug möglicherweise um eine später in der Nähe des Tatorts sichergestellte schwarze Luftpumpe handeln könnte.

Das Opfer und drei weitere Zeugen waren sich sicher, daß der Täter nicht nur mit seiner Hand zum Schlag ausholte.

Die Aussagen der vier Zeugen sprachen allerdings eindeutig dafür, dass der Angeklagte mit 2,15 Promille Alkohol im Blut eine Halluzination gehabt haben muss.

Denn in der Nähe des Tatorts, war keiner, der den Angeklagten bedrohen oder angreifen wollte, so dass dieser sich hätte verteidigen müssen. Der Tat des Vorbestraften war kein Ereignis vorrangegangen.

Richter Boltz billigte dem Angeklagten aufgrund des hohen Blut-Alkohol-Spiegels eine verminderte Schuldfähigkeit zu, die zur Abmilderung der Strafe führte. Auf Weisung des Richters muss der Angeklagte jedoch zur Alkohol-Entzugs-Therapie. Er muss außerdem 1000 Mark Geldbuße und die Kosten des Verfahrens zahlen.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 13. Dezember 2001
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

Perfekte Arrangements

Perfekte Arrangements

Von Andreas Klamm

Speyer. – „Die vier Künstler aus Gnesen haben kurz vor Weihnachten die strapaziöse Reise von tausend Kilometern auf sich genommen, um den Fans aus der Domstadt eine Freude zu bereiten“, dankte die Vorsitzende des Freundeskreises Katharina Zentgraf dem Männerchor „Ad Libitum“. Chorleiter Jaroslaw Krenz, Krzystof Bielawski, Andrzej Cieslinski und Kukasz Slomian hatten nicht viel Gepäck dabei. Ihr kostenbarstes Gut sind ihre Stimmen und davon konnten sich die Zuhörer ihres ersten richtigen Konzerts in Speyer selbst überzeugen.
In einem perfekten Arrangement beeindruckten die Sänger mit tradionellen Weihnachtsliedern aus Polen und aller Welt und mit Jazzstandards. Zwei Stunden Gesang vom Feinsten boten die Künstler dar und die Zuhörer genossen es im Alten Ratssaal sichtlich.

Der Chor faszinierte mit A capella-Versionen bekannter Weihnachtslieder in polnischer und englischer Sprache. Dass nicht jeder der Sprachen mächtig ist, wirkte sich keinesfalls nachteilig auf die gelungene Performance aus. Der Gesang wirkte für sich, und so hätte vielleicht manch einer der Komponisten nicht schlecht gestaunt, wenn er die überarbeitete Version seines Liedes hätte hören können. Bei der deutschen Version von „O Tannenbaum“ drehten die vier Sänger den Spieß um. Das Publikum durfte singen. Erfreulicherweise übernahm der Chor ganz schnell selbst wieder den Part des Singens. Spätestens bei „White Christmas“ und der zweiten Zugabe „Yesterday“, im Original von John Lennon und Paul Mc Cartney, mussten auch besonders kritische Zuhörer ins Schwärmen kommen.

„Ad Libitum“ ist lateinisch und bedeutet grob übersetzt: „Soviel es Euch gefällt“. Wäre es nach dem Publikum gegangen, dann hätte der Chor noch weitere zwei Stunden singen können. „Ad Libitum“ hat inzwischen auch die erste eigene CD veröffentlicht und ist jetzt wieder auf der Heimreise nach Polen. Vielleicht müssen die Speyerer nicht allzu lange auf ein Wiederhören warten. Zwischen der Domstadt und Gnesen besteht seit acht Jahren eine gute und intensive Partnerschaft.

Die Speyerer wollten die polnischen Gäste, die in den Jahren zuvor schon beim Speyerer Weihnachtsmarkt das Publikum in ihren Bann gezogen haben, jetzt auch einmal beim einem eigens für sie ausgerichteten Konzert erleben.

Weit über Polen hinaus bekannt

Die Formation besteht seit 1997 und ist inzwischen weit über die Grenzen Polens bekannt geworden. Anfang des Jahres gewann der Chor den Großen Preis des Fes-tival der Weihnachtslieder in Bedzin, Polen. Der Wettbewerb ist der wichtigste dieser Art seines Landes. Im letzten Jahr widmete der Chor bei der Verleihung des Europapreises an Speyer, eine mehrsprachige Version der Eurpahymne.

Der Gründer und Leiter der Gruppe „Ad Libitum“, Jaroslaw Krenz, ist zugleich als Dirigent, Sänger und Komponist tätig. Er leitet zwei Chöre aus Gnesen: ,,Ad Libitum“ und den gemischten Chor „Metrum“. Die vier anderen Mitglieder des Ensenmbles sind noch in ihren Berufen als Elektriker, Ingenieur und Silberschmied tätig. „Ein großes Problem in der polnischen Partnerstadt ist die hohe Arbeitslosigkeit“, weiß Zentgraf.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, Kultur, 12. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

Beim Abschied fast den Tränen nahe

Beim Abschied fast den Tränen nahe

Von Andreas Klamm

Römerberg. – Jutta Kühn war im Gemeindesaal fast den Tränen nahe. „Wenn ich jetzt gehe, dann bedeutet das Veränderung und nicht das Ende. Es wird ein neuer Anfang sein“, tröstete sie in ihrer kurzen, ergreifenden Rede. Nach zehn Jahren als Chorleiterin des protestantischen Kirchenchors legte die 32-Jährige am Sonntagabend nach dem Jubiläumsgottesdienst aus beruflichen Gründen den Taktstock nieder (Tapo berichtete).

Viele der Chor-Mitglieder könnten ihre Eltern oder Großeltern sein, dennoch habe man sie damals vor zehn Jahren ohne Vorbehalte mit offenen Armen aufgenommen und als Chorleiterin akzeptiert. Der Chor sei in moderner Sprache ausgedrückt „innovativ“.

„Ihre engagierte Leitung hat den Chor zu dem gemacht was er heute ist“, blickte Wolfgang Frey, Vorsitzender des Kirchenchors, auf die 80-jährige Geschichte der Gemeinschaft zurück. Der Chor wurde am 30. November 1920 gegründet und nach Ende der Diktatur des Dritten Reiches 1946 von Pfarrer Wilhelm Wolf wiedergegründet.

Als Jutta Kühn die Leitung übernahm, hatte der Chor dreistimmig angefangen. Inzwischen singt der Kirchenchor auch vierstimmig. Davon konnten sich die Gäste des musikalischen Jubiläumsgottesdienstes am Sonntagabend in der protestantischen Kirche selbst ein Bild machen. Besser hätte das 80-jährige Bestehen der Sängergemeinschaft nicht gefeiert werden können. Nach einem Orgelspiel und einer Predigt von Pfarrer Frank Maertin erhallten im Kirchenschiff Lieder wie „Mache dich auf, werde Licht“, „Stehet auf“ und als Gemeindelied „Es kommt ein Schiff geladen“.

Zur Geburtstagsfeier des Chors waren zahlreiche Freunde, wie die Solistinnen Dorothee Dorsch und Isabelle Heintz und befreundete Vereine gekommen, um mit einem musikalischen Arrangement zu gratulieren. Der katholische Kirchenchors intonierte „Liebes Herz, bedenke doch“, der Klangbogen unter Leitung von Wolfram Blank wartete mit dem Spiritual „I’m gonna sing“ auf.

Ebenfalls mit von der Partie: die Bläsergruppe des Musikvereins unter Leitung von Thomas Gast. In Sachen Musik halten die Chöre zusammen und präsentierten gemeinsam „Hoch tut euch auf“ zum Ende des Gottesdienstes.

Jutta Kühn, Lehrerin an der Geschwister-Scholl-Grund- und Hauptschule in Germersheim, wird dem Kirchenchor weiter mit Ratschlägen beistehen. Sie musste als Chorleiterin nun aufhören, weil sie ein zweijähriges, berufsbegleitendes Schulmanagement-Studium absolvieren wird. Musik macht sie bereits von Kindesbeinen an.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 12. Dezember 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

SPDWest will zum Mitmachen motivieren

SPDWest will zum Mitmachen motivieren

Von Andreas Klamm

Speyer. – Politikverdrossenheit und Konflikte führen auch an der Parteibasis zu Problemen. Schmerzhafte Erfahrungen musste der SPD-Ortsverein Speyer-West beim Burgfeld-Fest am eigenen Leib machen. Die in ihrem Amt bestätigte Ortsvereinsvorsitzende Martina Busch blickte in ihrem Bericht nicht nur auf rosige Zeiten 1999 und 2000 zurück. Eine Benefizveranstaltung erbrachte zwar einen Spendenscheck über 2400 Mark für gute Zwecke, doch das Burgfeld-Fest war mangels Beteiligung „ordentlich vermasselt“.

Bei der Generalversammlung im Gemeindezentrum St. Hedwig suchten die Mitglieder nach Ursachen und Lösungen. „Sind solche Feste überhaupt noch zeitgemäß …?“, „Da finde ich, dass unsere Mitglieder einfach nicht hinter uns stehen“, „Ich denke man muss wieder versuchen näher mit den Mitgliedern Kontakt aufzunehmen“ waren Statements in einer lebhaft geführten Diskussion um künftige Projekte. Nächstes Jahr wird es wohl kein Fest geben. Dazu fehlt das Geld in der Partei-Kasse. Im vergangenen Jahr sind fünf neue Mitglieder in die Partei eingetreten. Der Ortsverband Speyer-West ist mit 148 Mitgliedern drittgrößter Ortsverband der SPD in Speyer.

Mit der Problematik, Mitglieder und Bürger für mehr Engagement zu begeistern, wird sich der neu gewählte Vorstand neben anderen wichtigen Themen im Landtags-Wahljahr 2001 auseinandersetzen müssen. Nach acht Jahren Vorstandsarbeit wollte Herrmann Vogel nicht mehr für ein Amt kandidieren. Neu im Vorstandsteam ist als Schriftführer der 18jährige Juso Andreas Kulick.

Anfang kommenden Jahres ist ein Hearing mit Jugendlichen aus Speyer-West geplant. „Wir wollen ihre Wünsche, Anregungen, Kritik und Probleme erfahren und uns für mehr Möglichkeiten vor Ort für die Jugendlichen einsetzen. Die Ergebnisse besprechen wir mit Experten“, erklärte Busch. Erhalt des Schwimmbades, der Stadthalle und weiterer Ressourcen auch für ältere Menschen sind weitere Ziele.

Im Frühjahr wird es in Zusammenarbeit mit der AsF ein „politisches Frühstück zu verschiedenen Themen“ geben. „Wir suchen noch 22 Wahlhelfer“, prognostizierte die Vorsitzende ein arbeitsintensives Jahr. Martina Busch will den Kontakt zu Mitgliedern, alten und jungen Menschen, intensivieren und Bürger für aktives Engagement motivieren. Für den zweiten Adventsonntag, 10. Dezember, 15 Uhr, lädt sie ins Gemeindezentrum St. Hedwig zur Weihnachtsfeier ein.

INFO: Der neue Vorstand: Vorsitzende Martina Busch, Stellvertreter Karin Reinke und Klaus-Dieter Schütt, Kassiererin Margit Claus, Schriftführer Andreas Kulick, Beisitzer Mithat Ay, Manfred Ofer, Martina Queisser, Walter Feiniler, Peter Claus, Konrad Kreß, Heidrun Kögler und Wolfgang Seiler.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 30. November 2000
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007

„Die Kuh reiste wohl mit Interrailticket durch die Republik“

„Die Kuh reiste wohl mit Interrailticket durch die Republik“

Von Andreas Klamm

Kreis Ludwigshafen. – Ausgerissene Ohrmarken, handgeschriebene Ohrmarken, Messing-Ohrmarken, die schon lange keine Gültigkeit mehr haben; vermeintliche tote Kühe, die auf der Weide grasen und ein Rind, das laut Begleitpapieren noch lebt, „aber wieder zum Leben erweckt werden muss, da es schon geschlachtet ist“ – das sind einige von vielen Merkwürdigkeiten, die gestern bei einer Inspektion des Kreisveterinäramtes und der Unteren Kreisbehörde auf dem Hof eines Kleinbauers im Landkreis zu Tage traten.

Es kommt noch schlimmer: Kuh „Rebecca“ mit der Nummer „DE 06 /610 /0000“ (von der Red. geändert) „ist offenbar mit einem Interrail-Ticket durch Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg bundesweit durch die Republik gereist, ehe sie geschlachtet wurde“, kritisiert Kreis-Veterinär-Arzt Dr. Stephan Zips mit besorgter Mine. Das belege der „Lebenslauf“ des Tieres. Irgendwo habe das Rind zudem 14 Tage in einem unbekannten Stall gelebt, wofür keine Nachweise vorhanden sind. Vom Gesetz her ein Unding.

Auffällig viele „mysteriöse, kuriose und sehr seltsame Zwischenfälle bei Lebensläufen von Rindern, die es so gar nicht geben könne“ ermittelten die Kontrolleure bei dem Viehhändler, von dem die Bauernfamilie „gutgläubig“ viele Rinder vor eineinhalb Jahren gekauft hat. „Wir waren damals fast soweit, aufzugeben“, erzählt die Bauersfrau. Deshalb habe die Familie nahezu ihren ganzen Bestand verkauft. Ihr Mann hänge aber am Hof und konnte sich dann doch nicht entscheiden, seinen Nebenerwerbsbetrieb zu schließen.

Jetzt haben sie eine traurige Gewissheit: „80 bis 90 Prozent der Papiere und Ohrmarken stimmen nicht“, stellt Zips bei der Prüfung besorgt fest. Kein Einzelfall. „Wenn es um Fahrzeugscheine von Autos ginge, würden sie diese nicht kaufen“, sagt er der Frau. Das könne kein Zufall mehr sein, führte er weiter aus. Noch ein Hammer: Plötzlich taucht eine Registriernummer auf, die keinen Sinn mehr ergibt. Und: „Ein sechsjähriges Rind, muss wohl eine Verjüngungskur hinter sich haben?“, fragen die Kontrolleure. In den Papieren ist die Kuh drei Jahre alt.

Pirmin Müller, Landwirtschaftsamtsrat und Agrar-Ingenieur, sowie Dr. Zips sind „ratlos“. „Was sollen wir jetzt machen?“, beraten sie. „Prämienmäßig sieht es ganz schlecht aus“, eröffnet Müller der Landwirtin. „Es hätte besser laufen können“, bemerkte er weiter. Die Frau wollte gleich gestern Abend beim Händler nachfragen, „was los ist“. Die Bauernfamilie erhält für viele gemeldete Mutter-Kühe und Schlachttiere nun keine der beantragten Prämien mehr. Im Klartext: Auf die Familie kommen schwere finanzielle Einbußen zu, die das Aus für den Hof bedeuten könnten. Der Familie sei keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, meint Müller. Jetzt wird die zuständige Kreisbehörde eingeschaltet, die Lücken und offene Fragen beim Viehhändler klären muss.

Plötzlich taucht Milchnuckel auf

„Es gibt Betriebe, bei denen zuviel nicht stimmt“, sagt Zips. Es wäre gut, wenn es in der Bundesrepublik nur eine Ohrmarke mit Papieren von der Geburt bis zum Tod des Schlachttieres gebe. Die Schlachtbetriebe ordneten allerdings den Schlachttieren nur eine eigene Identitätsnummer zu. Viele Bauern seien einfach überfordert und kämen mit den ständigen Änderungen nicht klar, ergänzt Müller. Mit neuen Ohrmarken, die mit einem Barcode versehen sind, lasse sich jetzt in ganz Deutschland Geburtsdatum, Herkunft, Zugangs- und Abgangs-Daten sowie Alter der Tiere bestimmen. Allerdings nicht, wenn die Kühe „umgemarkt“ werden, wie auf dem betroffenen Hof entdeckt wurde.

Vor Ort stoßen die Kontrolleure auf ausgemerkelte und ältere Rinder, zwischen denen einige Kälber umherspringen. Faulendes, nasses Stroh liegt auf der Koppel. „Futtermittel füttern wir nicht zu“, versichert die Bäuerin. Zips entdeckt einen Milchnuckel, aber ohne Aufbaufutter, „Abfall-Karotten“ die ans Vieh verfüttert werden und in Futtermittelsäcken ist „nur Schrot“ und Heu verstaut. Seltsam bleibt auf jeden Fall: Für die 15 Kühe und sechs Bullen gibt es zu wenig Heu auf dem 21-Hektar-Weideland.

Erst-Veröffentlichung: Speyerer Tagespost, 12. Januar 2001
Zweit-Veröffentlichung: British Newsflash Magazine, August 2007